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Brustkrebs im Frühstadium - Mind the Gap

Brustkrebs im Frühstadium

Rund 75 % der Brustkrebs-Patientinnen im Frühstadium sind sich nicht bewusst, dass sie ein Risiko für späte Fernrezidive haben.1 Dies kann zu Unsicherheit und einer geringeren Therapietreue führen. Als Expert*innen in der Krebsbehandlung möchten wir Ihnen hier hilfreiche Fakten und Informationen zur Verfügung stellen, damit Sie Ihre Patientinnen bei dieser Herausforderung unterstützen können.

CME-Modul zur Patient*innenorientierte Kommunikation in der Onkologie absolvieren!
 

Ein Fall aus der Praxis

  • 60-jährige Frau, guter Allgemeinzustand, keine Vorerkrankungen
  • Tastbarer Knoten in der linken Brust im oberen äußeren Quadranten
  • Bildgebung: 2,5 cm großer Herd im oberen äußeren Quadranten der linken Brust sowie ein 1,1 cm großer suspekter axillärer Lymphknoten
  • HR+/HER2– (Östrogenrezeptor-positiv > 90 %, Progesteronrezeptor-positiv > 90 %, HER2-negativ)
  • Kein Hinweis auf Fernmetastasen in der Bildgebung
  • Lumpektomie links und Sentinel-Lymphknotenbiopsie (SNB) und Pathologie: Unifokales invasives duktales Karzinom, 2,7 cm, 1 von 2 Sentinel-Lymphknoten war positiv (1/2 snLK)
  • G2; Ki-67: 26 %
  • Oncotype DX Recurrence Score: 29
  • Klassifikation: Stage IIB, pT2 N1 M0


Wie würden Sie das Rückfallrisiko für diese Patientin einschätzen?

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Brustkrebs im Frühstadium

Was bedeutet Stage II

Bei der TNM-Klassifikation gemäß dem American Joint Committee on Cancer (AJCC) erfolgt die Einteilung der Tumorstadien nach Tumorgröße (T), Lymphknotenbeteiligung (N) und dem Vorhandensein von Metastasen (M).2,3

Ein kurzer Überblick zum Stadium II:2

  • Im Stadium IIA sind alle Tumoren kleiner gleich 2 cm mit 1–3 befallenen Lymphknoten oder Tumoren zwischen 2–5 cm ohne Lymphknotenbeteiligung. 
  • Im Stadium IIB sind alle Tumoren zwischen 2–5 cm mit 1–3 befallenen Lymphknoten oder Tumoren größer 5 cm ohne Lymphknotenbeteiligung.


41 % der Brustkrebspatientinnen befinden sich bei der Erstdiagnose in Stadium II.5

Tabelle 1: Übersicht zur Einordnung der TNM-Klassifikation mit ihren Patientinnen:

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Tabelle 1: Übersicht zur Einordnung der TNM-Klassifikation mit ihren Patientinnen

 

 

 

Unterschätztes Risiko

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Grafik 1 von 3 Patientinnen

 

 

Obwohl es sich um eine heterogene Population handelt, besteht bei allen Patientinnen mit HR+ Brustkrebs das Risiko eines Fernrezidives – selbst bei Patientinnen, die sich in einem sehr frühen Stadium (IIA, IIB) befinden und bei denen keine oder nur wenige Lymphknoten betroffen sind (N0, N1).4 Es gibt eine Tendenz, das Risiko auf ein Fernrezidiv bei Hormonrezeptor-positivem (HR+) Brustkrebs im frühen Stadium zu unterschätzen. Daher ist es wichtig zu wissen, dass der Anteil der Patientinnen mit einer Erkrankung im Stadium II (N0, N1) sowie deren Rückfallrisiko oft höher sind als angenommen.4–6

Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Janni: Wie hoch ist das Rückfallrisiko bei einer Patientin mit HR+/HER2- Mammakarzinom?

 

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Video 1: Rezidivrisiko bei Patientinnen mit frühem Brustkrebs.

In einem Kurzvideo erklärt Prof. Dr. Wolfgang Janni, dass für Patientinnen mit HR+ Brustkrebs ein hohes Rezidivrisiko besteht und dass die Kommunikation dieses Risikos eine Herausforderung im Gespräch zwischen Ärzt*innen und Patientinnen darstellen kann.  

Das Risiko für ein Fernrezidiv erreicht in den ersten 3 Jahren nach der Diagnose seinen Höhepunkt.7 Daten der NATALEE-Studie zeigen, dass innerhalb von 4 Jahren bei 1 von 6 Patientinnen mit frühem HR+/HER2- Mammakarzinom trotz endokriner Monotherapie ein Rezidiv auftreten kann, wovon 90 % Metastasen sind (siehe Abb. 1).c,8 

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Abb. 1: Rezidivrisiko trotz endokriner Standardtherapie. Abbildung modifiziert nach Fasching et al. 2024(8)

 

Abb. 1: Rezidivrisiko trotz endokriner Standardtherapie. Abbildung modifiziert nach Fasching et al. 20248

Das Rezidivrisiko innerhalb der ersten 5 Jahre besteht zudem unabhängig vom Nodalstatus der Patientinnen und kann bei Patientinnen mit Nodalstatus N0 bis zu 6 % betragen (siehe Abb. 2).4 Bestätigt wurde dieses Risiko durch eine Real-World-Analyse von Jhaveri et al., in der Patientinnen mit Nodalstatus N0 nach 5 Jahren ein Rezidivrisiko von 5 % aufwiesen.10

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Abb. 2: Rezidivrisiko nach Nodalstatus. Abbildung modifiziert nach Pan et al. 2017(4)

 

Abb. 2: Rezidivrisiko nach Nodalstatus. Abbildung modifiziert nach Pan et al. 20174


Das Risiko für ein Fernrezidiv für Patientinnen mit HR+ Brustkrebs besteht (auch unabhängig vom Nodalstatus) über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren (siehe Abb. 3).11 

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Abb. 3: Risikoverteilung für Rezidive über 20 Jahre. Abbildung modifiziert nach Gomis RR, Gawrzak S. 2017(11)

 

Abb. 3: Risikoverteilung für Rezidive über 20 Jahre. Abbildung modifiziert nach Gomis RR, Gawrzak S. 201711

 

Allein bei einem Nodalstatus von N0 ohne Lymphknotenbeteiligung liegt das Risiko für ein Fernrezidiv innerhalb von 20 Jahren nach der Diagnose bei 22 %.4 Für jene mit einem Nodalstatus N1 liegt das Risiko für ein Fernrezidiv bei 31 % (siehe Abb. 4).4

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Abb. 4: Risikoverteilung für Rezidive nach Nodalstatus. Abbildung modifiziert nach Pan et al. 2017(4)

 

Abb. 4: Risikoverteilung für Rezidive nach Nodalstatus. Abbildung modifiziert nach Pan et al. 20174


Breast Predict Tool

Mit dem Breast Predict Tool kann der prozentuale Anteil der überlebenden Patientinnen unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte wie Tumorgröße, Lymphknotenbefall und Tumormarker berechnet werden (https://breast.predict.nhs.uk/tool). Als Grundlage für die Berechnung dienen hier Daten aus wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit von Brustkrebsbehandlungen untersucht haben. Durch die Analyse der Ergebnisse dieser Studien kann das Tool berechnen, wie sich diese Aspekte wahrscheinlich auf die durchschnittliche Überlebenszeit auswirken und wie groß der durchschnittliche Nutzen der verschiedenen Behandlungsoptionen sein könnte. Da diese Berechnungen auf Daten aus Studien an ähnlichen Patientinnengruppen basieren sind sie mit Unsicherheiten behaftet und können selbstverständlich nur Schätzungen liefern.12

Konsequenzen mangelnder Adhärenz

Mangelnde Adhärenz bei der endokrinen Therapie kann für Patientinnen mit frühem Brustkrebs Folgen haben. Wenn Patientinnen ihre Medikamente nicht wie verschrieben einnehmen, kann dies zu erhöhtem Risiko für Fernmetastasen, für ein Lokalrezidiv, zu vermindertem krankheitsfreiem Überleben und erhöhtem Sterblichkeitsrisiko führen.13 Umso wichtiger ist es, gemeinsam mit den Patientinnen Lösungen zu erarbeiten, um die Einhaltung der Therapie zu erleichtern und somit die Erfolgschancen der Behandlung zu erhöhen.
In einer umfangreichen Analyse von 17.006 Patientinnen mit frühem HR+ Brustkrebs wurden die Behandlungsverläufe anhand von Daten der deutschen Krankenkasse AOK Baden-Württemberg untersucht. Dabei lag der Fokus auf der Therapietreue der endokrinen Therapie in den ersten 5 Jahren, die durch das Verhältnis von verschriebenen Rezepten zur Therapiedauer gemessen wurde.14

Definition der Therapietreue:

(Verhältnis verschriebene Rezepte zu Therapiedauer)

  • Hohe Therapietreue: Verhältnis von 0,8 bis 1,0.
  • Niedrige Therapietreue: Verhältnis von 0 bis 0,8.

 

Unter den 17.006 Patientinnen mit frühem HR+ Brustkrebs zeigte sich, dass 49 % eine konstant hohe Therapietreue der endokrinen Therapie aufwiesen, während 10 % über die gesamten 5 Jahre hinweg eine niedrige Therapietreue hatten. Die konstante Einhaltung der Behandlung beeinflusste sowohl das Überleben ohne Fernrezidiv (DRFS) als auch das Gesamtüberleben (OS) signifikant (siehe Abb. 5): Die Hazard Ratio (HR) für das DRFS lag bei 0,61 (95 %-KI: 0,52–0,71; p < 0,0001) und die HR für das OS bei 0,52 (95 %-KI: 0,46–0,59; p < 0,0001).14

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Abb. 5: Einfluss der Therapietreue auf DRFS und OS. Abbildung modifiziert nach Dannehl et al. 2023(14)

 

Abb. 5: Einfluss der Therapietreue auf DRFS und OS. Abbildung modifiziert nach Dannehl et al. 202314

Die 10-Jahres-Gesamtüberlebensrate lag bei Patientinnen mit hoher Therapietreue bei 79 % im Vergleich zu 64 % bei niedriger Therapietreue zur endokrinen Therapie (siehe Abb. 6).14
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der konsequenten Einhaltung der Behandlung für das langfristige Überleben.

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Abb. 6: OS-Rate nach Therapietreue. Abbildung modifiziert nach Dannehl et al. 2023(14)

 

Abb. 6: OS-Rate nach Therapietreue. Abbildung modifiziert nach Dannehl et al. 202314

Rückfallrisiko an Ihre Patientinnen kommunizieren

Eine gute Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patientinnen kann den Erfolg der Behandlung entscheidend verbessern. Dabei ist es wichtig, dass Patientinnen über ihr Rezidivrisiko informiert werden, ohne dabei unnötige Ängste zu schüren. Studien zeigen, dass Patientinnen, die sich ihres Risikos bewusst sind, eine höhere Therapieadhärenz aufweisen und somit bessere Heilungschancen haben.14

 

Worauf man bei der Kommunikation in Hinblick auf das Rückfallrisiko achten sollte, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Janni in diesem Kurzvideo:

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Video 2: Patientenkommunikation zum Thema Rezidivrisiko.

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CME-Fortbildung

CME-Modul: Patient*innenorientierte Kommunikation in der Onkologie16

Kurzbeschreibung der Fortbildung:16

 

Jährlich erkranken fast 500.000 Menschen in Deutschland an Krebs und nach Berechnungen des Robert Koch-Instituts leben insgesamt 4,4 Mio. Menschen in Deutschland, bei denen in den letzten 20 Jahren eine Krebsdiagnose gestellt wurde. Häufig stellt eine solche Diagnose für die Betroffenen eine Zäsur dar, die mit Ängsten, Sorgen und Ungewissheit verbunden ist. Auch im Therapieverlauf müssen sich die Patient*innen immer wieder auf unbekannte Situationen einstellen und sind mit wichtigen Entscheidungen konfrontiert. Eine patient*innenorientierte Kommunikation und bedarfsgerechte Unterstützung durch den*die Ärzt*in spielen daher eine besonders wichtige Rolle: So lassen sich über eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Ärzt*in und Patient*in inklusive gemeinsamer Entscheidungsfindung nicht nur die Therapietreue, sondern auch der Therapieerfolg positiv beeinflussen. Allerdings wurde dem Thema Kommunikation lange Zeit in der Ausbildung des medizinischen Personals wenig Beachtung geschenkt und stellt auch heute noch bei zunehmendem Zeitdruck im Arbeitsalltag eine Herausforderung dar.

Ziel der vorliegenden CME-Fortbildung ist es, die Bedeutung einer patient*innenorientierten Kommunikation und bedarfsgerechten Unterstützung aufzuzeigen sowie Möglichkeiten zur Verbesserung der Kommunikation und Versorgung darzustellen.

Gültigkeitsdauer: 04.09.2024 - 04.09.2025
Punkte: 4 CME-Punkte

 

Fußnoten

a In der NATALEE-Studie waren Frauen und Männer mit frühem HR+/HER2— Brustkrebs eingeschlossen.8
b In der NATALEE-Studie betrug die 4-Jahres-iDFS-Rate 83,6 % bei Patientinnen und Patienten unter AI-Monotherapie.8
c Nach 4 Jahren traten in der Gruppe unter AI-Monotherapie bei 340 Patientinnen und Patienten Rezidive auf, von denen 311 Fernrezidive waren, die wie folgt definiert sind: Fernrezidiv, Tod (aus beliebiger Ursache) oder zweites primäres nicht-brustinvasives Karzinom, ausgenommen Basal- und Plattenepithelkarzinome der Haut. 8,9
d Verhältnis der Anzahl der verschriebenen Pillen und Therapiedauer in Tagen. Hohe Therapietreue = Verhältnis von 0,8 bis 1,0. Niedrige Therapietreue = Verhältnis von 0 bis 0,8.14

 

Abkürzungen

AI Aromataseinhibitor. CDK4/6 Cyclin-abhängige Kinasen 4 und 6. DRFS Überleben ohne Fernrezidiv. eBC Early Breast Cancer HER2– Humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor-2-negativ. HR Hazard Ratio. HR+ Hormonrezeptor-positiv. iDFS Invasives krankheitsfreies Überleben. KI Konfidenzintervall. NSAI Nicht-steroidale Aromataseinhibitoren. OS Gesamtüberleben.

 

Referenzen

  1. EBC Survey – Germany Report. Daten¬erhebung von 181 ausgefüllten Online- Fragebogen von erwachsenen Brust¬krebspatientinnen in Deutschland vom 08.11.2023 – 14.12.2023, durchgeführt und bereitgestellt von Novartis Pharma GmbH.
  2. Kalli S, et al. Radiographics. 2018;38(7):1921-1933. 
  3. Koh J & Kim MJ. Korean J Radiol. 2019;20(1): 69-82. 
  4. Pan H, et al.  N Engl J Med. 2017;377(19): 1836-1846. 
  5. Robert Koch-Institut und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. Krebs in Deutschland für 2019/2020. 14. Ausgabe. www.krebsdaten.de (zuletzt aufgerufen am 01.08.2024).
  6. Pan H, et al.  N Engl J Med. 2017;377(19):1836-1846;(suppl). 
  7. Bria E, et al. Expert Rev Anticancer Ther. 2010;10(8):1239-1253.
  8. Fasching PA, et al. ESMO 2024. Oral presentation LBA13.
  9. Hortobagyi GN, et al. SABCS 2023. Abstract GS03-03.
  10. Jhaveri K, et al. ESMO 2024. Poster 292P.
  11. Gomis RR & Gawrzak S. Mol Oncol. 2017;11(1):62-78.
  12. Predict Breast Cancer. https://breast.predict.nhs.uk/tool  (zuletzt aufgerufen: 12.05.2025)
  13. Inotai A, et al. Cancer Treat Rev. 2021;100:102264. 
  14. Dannehl T, et al. ASCO 2023. Abstract 551. 
  15. Sparano JA, et al. N Engl J Med. 2018;379(2):111-121.
  16. CME MEDIPOINT. https://cmemedipoint.de/onkologie/kommunikation-onkologie (zuletzt aufgerufen: 12.05.2025)

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